Im Traditionskabinett des Bertolt-Brecht-Gymnasiums liegt ganz unscheinbar in einer Vitrine ein Dokument, das an die lange Verbindung der Schule mit Bertolt Brecht und dem Berliner Ensemble erinnert. Es ist die auf den 14. September 1957 datierte und vom Minister für Volksbildung Fritz Lange unterzeichnete Urkunde über die Namensverleihung an diesem Tag.
Als überzeugter Kommunist war Brecht 1933 von den Nationalsozialisten ins Exil gedrängt worden, hatte sich nach dem Zweiten Weltkrieg in Ost-Berlin niedergelassen und das Berliner Ensemble gegründet. So wundert es nicht, dass er bald nach der Gründung der DDR Einzug in die Lehrpläne für den Deutschunterricht hielt und an der Schwarzenberger Oberschule bereits im Schuljahr 1954/55 Schulleiter Hagemann Schülerinnen, Schüler und Lehrer zu einer intensiven Auseinandersetzung mit seinem Werk anstieß. Hagemann war es auch, der kurz nach Brechts Tod einen literarisch-musikalischen Abend anregte, um die weltweite Bedeutung des Schriftstellers zu würdigen. Vermutlich war in dieser Zeit bereits der Wunsch zur Namensverleihung gereift. Zu den Brecht-Verehrern zählte neben dem Schulleiter auch der Deutschlehrer und spätere Germanistikprofessor Johannes Goldhahn, der von der SED-Schulparteiorganisation den Auftrag erhielt, sich mit einem entsprechenden Schreiben an Brechts Witwe Helene Weigel zu wenden. Diese antwortete umgehend:
Lieber Herr Goldhahn,
ich danke Ihnen recht herzlich für Ihren Brief. Es freut mich sehr, dass Sie der Oberschule in Schwarzenberg den Namen Bertolt Brecht geben wollen, und ich gebe Ihnen gern dazu meine Einwilligung.
Mit bestem Gruß
gez. Helene Weigel.
Ein eigens gegründeter Ausschuss sah die Hauptaufgabe der Vorbereitung der Namensverleihung im Vertrautmachen der Schülerschaft mit Brechts Leben und Werk im Deutschunterricht. Außerdem regte er jährliche Fahrten der Schwarzenberger Schülerinnen und Schüler zum Berliner Ensemble an. Zitate von Marx und Brecht sollten außerdem die Sprüche an der Fassade des Schulgebäudes ersetzen, was allerdings später verworfen wurde. Am Vorabend der Namensverleihung richtete der Rat des Kreises einen Festempfang im „Haus der Einheit“ aus, bevor am 14. September 1957 die eigentliche Festveranstaltung stattfand. Auf eine Ansprache des Schulleiters folgte ein von Lehrern und Schülern gestaltetes Programm, an dem aus dem Berliner Ensemble der Schauspieler Norbert Christian, der Regisseur Wolfgang Pintzka und die Schauspielerin, Dramaturgie- und Regieassistentin Isot Kilian teilnahmen. Am selben Tag wurde der an der Fassade angebrachte Schriftzug „Bertolt-Brecht-Oberschule“ enthüllt. Die Schwarzenberger Schule war die erste in der DDR, die diesen Namen trug.
Als eine Gruppe Schwarzenberger Oberschüler im Jahr darauf die „IV. Deutsche Kunstausstellung“ in Dresden besuchte, wurden die Teilnehmer auf eine Brecht-Plastik des Bildhauers und Professors an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee Waldemar Grzimek aufmerksam. Die Schule nahm Kontakt zu dem Künstler auf und erhielt 1959 einen Abguss, der zunächst im Aufgang vom 1. ins 2. Obergeschoss einen Platz fand und heute in der Eingangshalle des Schulgebäudes an der Bermsgrüner Straße aufgestellt ist. Gemeinsam mit der Urkunde erinnert sie noch heute an die Verleihung des Namens, den die Schule trotz verschiedener Vorstöße nach der Friedlichen Revolution bis heute trägt.