Wie die gesamte DDR befanden sich auch die Schulen im Land in einem ständigen Wettbewerb im Kampf um den Aufbau des sozialistischen Staates. Dieser fand einen Ausdruck in einer Vielzahl von Belobigungen, Auszeichnungen und Ehrenzeichen, die geleistete Arbeit würdigen, für zukünftige Herausforderungen motivieren und nicht zuletzt eine Identifikation mit dem Staat, der Partei und den Massenorganisationen herbeiführen sollten. In den 1960er-Jahren zählten auch an der Schwarzenberger Oberschule, die seit dem Schulgesetz von 1959 als „Erweiterte Oberschule Bertolt Brecht“ firmierte, zahlreiche Auszeichnungen zum Schulalltag. Im Schuljahr 1967/68 etwa wurden die folgenden Auszeichnungen an Schülerinnen und Schüler verliehen:
- Belobigung durch den Direktor (142 mal)
- Buchprämie (26 mal)
- Lessing-Medaille für ausgezeichnete Prüfungsleistungen (1 mal Silber)
- Arthur-Becker-Medaille für hervorragende Leistungen in der FDJ (1 mal Bronze)
- Titel „Jungaktivist“ für zwei Brigadeleiter in der „Aktion Grünland“
- Abzeichen für „Aktive Arbeit“ in der Gesellschaft für Sport und Technik (3 mal)
- Theaterfahrt nach Leipzig mit Besuch einer „Faust“-Vorstellung für Chormitglieder der 11. und 12. Klassen in Anerkennung langjähriger Mitarbeit
- Johann-Gottfried-Herder-Medaille der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft für hervorragende Leistungen im Fach Russisch (2 mal Gold, 8 mal Silber, 2 mal Bronze)
Zu den am häufigsten verliehenen Auszeichnungen zählte seit 1959 das Ehrenemblem der Schule. Dessen Motiv ging auf ein von Pablo Picasso für die Weltfestspiele der Jugend und Studenten 1951 in Berlin entworfenes Tuch mit einer von vier Gesichtern unterschiedlicher Hautfarbe umringten Taube zurück und wurde über dem FDJ-Abzeichen auf dem linken Ärmel des Blauhemds getragen. Inhaber wurden mit ihrem Namen und einem Foto in ein „Ehrenbuch“ eingetragen und außerdem auf einer Tafel im Schulhaus dem heutigen Lehrerzimmer gegenüber vorgestellt. Zu den Kriterien für eine Verleihung zählten eine vorbildliche Lernhaltung, vorbildliches charakterliches und moralisches Verhalten sowie gute Kenntnisse über Bertolt Brecht. Allein im Schuljahr 1967/68 wurde das Emblem an zwei Terminen 57 mal verliehen bzw. wiederverliehen, nämlich anlässlich des 10. Jahrestages der Namensverleihung der Schule am 23. September 1967 und zum 150. Geburtstag von Karl Marx am 5. Mai 1968. Am 6. Juni wurden außerdem zwei ehemalige Oberschüler mit dem Emblem bedacht, darunter der Rennrodler Thomas Köhler:
In Anerkennung seiner hervorragenden Leistungen und seiner patriotischen Haltung bei den Weltmeisterschaften im Rennrodeln und bei den olympischen Spielen in Innsbruck 1964 und Grenoble 1968 wird dem ehemaligen Schüler, dem Weltmeister im Rennrodeln und Olympiasieger
Thomas Köhler
anläßlich eines Forums zum Schulsportfest 1968 das Ehrenemblem unserer Schule verliehen.
Emblemträgern, die sich nicht würdig erwiesen, konnte die Auszeichnung aberkannt werden. Das betraf einen Schüler der Klasse 12 zu Beginn des Jahres 1968, der im Gesamtverhalten nur die Note 3 erreicht hatte. Der Verlust des Emblems drohte auch nach dem Abgang von der Schule. Im Nachgang des „Prager Frühlings“ hatten zwei Abiturienten des Jahrgangs 1968 aus Protest über die Niederschlagung des Aufstands die Namen tschechoslowakischer Politiker an Fenster- und Schaufensterscheiben in der Stadt gemalt und waren daraufhin verhaftet worden. Als deutliches Zeichen auch an die Schülerschaft beschloss der Pädagogische Rat wenig später:
Den ehemaligen Schülern NN und NN wird das verliehene Ehrenemblem abgesprochen und die Berechtigung des Tragens aberkannt. Grund: Strafrechtliche Verfehlungen und Schädigung des Ansehens der Schule.
Auch vor dem Hintergrund möglicher Auswirkungen auf die eigene berufliche Zukunft blieben derartige Protestaktionen die Ausnahme. Das Ehrenemblem der EOS Bertolt Brecht wurde noch bis 1990 verliehen, bevor mit der Übernahme des bundesdeutschen Schulsystems eine neue Zeit eingeläutet wurde.